Änderung des Versorgungsausgleichsrechts: Jetzt wird es noch komplizierter

Nach Einführung des „neuen Versorgungsausgleichs“ im Jahr 2009 hat der Gesetzgeber nunmehr ersten Reformbedarf festgestellt. Das vor diesem Hintergrund ergangene Gesetz zur Änderung des Versorgungsausgleichsrechts ändert die Regelungen des Versorgungsausgleichsgesetzes (VersAusglG) mit Wirkung zum 1. August 2021. Die Änderungen betreffen in erster Linie die Arbeitgeber, die unmittelbare Versorgungszusagen (Direktzusagen) und Zusagen über Unterstützungskassen an ihre Mitarbeiter erteilt haben.

1. Bestimmung der Höchstgrenze für die externe Teilung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG (i. V. m. § 17 VersAusglG) bei mehreren Anrechten

Die externe Teilung kann vom Versorgungsträger nur dann einseitig verlangt werden, wenn der Ausgleichswert des Versorgungsanrechts eine bestimmte Höchstgrenze nicht übersteigt (§ 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG). Ist ein Anrecht im Sinne des Betriebsrentengesetzes aus einer Direktzusage oder einer Unterstützungskasse auszugleichen, so darf der Ausgleichswert als Kapitalwert am Ende der Ehezeit höchstens die Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung nach §§ 159 und 160 SGB VI erreichen (§ 17 VersAusglG).
Bestanden bei einem Versorgungsträger mehrere Anrechte, wurde hierbei bisher jedes einzelne Anrecht für sich betrachtet. Nach der Änderung von § 14 Abs. 2 Nr. 2 VersAusglG ist nunmehr für die Prüfung der Höchstgrenze nicht mehr das einzelne Anrecht, sondern die Summe der Ausgleichswerte sämtlicher bei dem Versorgungsträger bestehenden Anrechte maßgeblich, welche nach dem Willen des Versorgungsträgers extern geteilt werden sollen. Übersteigt der Kapitalwert in Summe die genannte Höchstgrenze, kann die externe Teilung für keines der Anrechte durchgeführt werden, so dass sie intern zu teilen sind. Die Beurteilung erfolgt dabei bezogen auf den Versorgungsträger, sodass die Anrechte aus der Direktzusage mit Anrechten aus externen Durchführungswegen nicht zusammengerechnet werden müssen.
Diese Neuregelung bedeutet für Arbeitgeber, die etwa im Rahmen einer Direktzusage mehrere Anrechte der betrieblichen Altersversorgung anbieten (z. B. arbeitgeberfinanzierte Grundversorgung, Aufbauversorgung mit Arbeitnehmerbeteiligung und ggf. noch Deferred Compensation / Entgeltumwandlung), dass für diese Anrechte die Durchführung der externen Teilung erheblich eingeschränkt wird.
Es ist erkennbar, dass der Gesetzgeber mit der Neuregelung die von vielen Arbeitgebern vielfach genutzte externe Teilung der Anrechte möglichst zurückdrängen will. Jedenfalls besteht u. E. kein Grund, nunmehr auf die externe Teilung vollständig zu verzichten und die Anrechte künftig nur noch intern zu teilen. Gern beraten wir Sie zu der Frage, welche Gestaltungsspielräume Sie als Arbeitgeber in Abhängigkeit von den individuellen Gegebenheiten nutzen können und welche Anpassungen bestehender Teilungsregelungen ggf. erforderlich sind.

2. Änderung in § 19 Abs. 2 Nr. 5 VersAusglG hinsichtlich der Ausgleichsreife bei der Teilung der Anrechte in der Leistungsphase

Zu den Fallkonstellationen, in denen die ausgleichspflichtige Person zwischen dem Ende der Ehezeit und der Entscheidung über den Versorgungsausgleich Versorgungsleistungen bezieht (sogenannte „Rentnerscheidungen“), gibt es bereits Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (zuletzt BGH-Beschluss vom 24.08.2016 – XII ZB 84/13). Nach dieser Rechtsprechung ist bei einer Rentnerscheidung dem Ausgleich nicht der Kapitalwert zum Ehezeitende, sondern der zum Zeitpunkt der voraussichtlichen Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich noch vorhandene Kapitalwert zugrunde zu legen, sofern der Barwert der Versorgungsverpflichtung im Zeitpunkt der Entscheidung über den Versorgungsausgleich niedriger als zum Ehezeitende ist. In diesem Fall ist dann eine Neuberechnung des Ausgleichswertes zum vo-raussichtlichen Zeitpunkt der Rechtskraft der Entscheidung über den Versorgungsausgleich erforderlich. Dies kann Nachteile für die ausgleichsberechtigte Person mit sich bringen.
Durch die gesetzliche Neuregelung in § 19 Abs. 2 Nr. 5 VersAusglG erhält die ausgleichsberechtigte Person bei einer Rentnerscheidung im Ergebnis das Wahlrecht, ob der Ausgleich zum Ehezeitende stattfinden soll oder ob die Teilung in den sogenannten schuldrechtlichen Versorgungsausgleich („Ausgleichsansprüche nach der Scheidung“ gemäß §§ 20 ff. VersAusglG) verschoben wird. Der schuldrechtliche Versorgungsausgleich findet erst dann statt, wenn beide Ehegatten Rentenbezieher sind (oder zumindest die Voraussetzungen für den Rentenbezug erfüllt haben) und vollzieht sich grundsätzlich zwischen den beiden Ehegatten. Der Versorgungsträger erteilt zu diesem Verfahren zunächst nur Auskünfte zur Höhe der zu teilenden Anrechte.
Anders als bei interner oder externer Teilung erhält die ausgleichsberechtigte Person im schuldrechtlichen Versorgungsausgleich allerdings kein eigenständiges, von der ausgleichspflichtigen Person unabhängiges Anrecht. Es verbleibt aber ggf. die Möglichkeit, einen Anspruch gegen den Versorgungsträger auf Teilhabe an der Hinterbliebenenversorgung gemäß § 25 VersAusglG geltend zu machen, wenn die ausgleichspflichtige Person verstirbt.

3. Änderung des § 30 Abs. 1 VersAusglG

Diese Regelung dient dem Schutz des Versorgungsträgers vor Doppelzahlungen. Dadurch wird sichergestellt, dass der Versorgungsträger, solange er Zahlungen gemäß der Versorgungszusage an den Mitarbeiter erbringt, von etwaigen Zahlungen an die ausgleichsberechtigte Person aufgrund des Versorgungsausgleichs für die Dauer einer Übergangszeit befreit wird. Durch die gesetzliche Neuregelung soll klargestellt werden, dass sich der Versorgungsträger nur in dem Umfang von den Zahlungen an die ausgleichsberechtigte Person befreien lassen kann, in dem er an den Mitarbeiter überzahlt hat, weil er noch keine Kürzungen aufgrund des Versorgungsausgleichs vornehmen konnte.