Hinterbliebenenversorgung: Rotes Licht für bestimmte Spätehenklauseln

In Deutschland enthalten viele Regelungen der betrieblichen Altersversorgung eine sogenannte Spätehenklausel. Danach wird z. B. eine Witwen-/Witwerrente nur dann geleistet, wenn die Ehe zwischen dem versorgungsberechtigten Mitarbeiter und der Witwe/dem Witwer geschlossen wurde, bevor der Mitarbeiter ein bestimmtes Lebensalter erreicht. Für den Arbeitgeber geht es dabei darum, die finanziellen Risiken zu begrenzen bzw. besser kalkulierbar zu machen. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 04.08.2015 (Az. 3 AZR 137/13) eine solche Klausel für unwirksam erklärt, weil sie mit dem Verbot der Benachteiligung wegen des Alters unvereinbar ist.

Im zugrunde liegenden Fall stritten die Parteien darüber, ob der Arbeitgeber verpflichtet sei, an die Witwe eines ehemaligen Mitarbeiters, der 2010 im Alter von 63 Jahren verstorben war, eine Hinterbliebenenversorgung zu zahlen. Die Pensionsregelung beinhaltete eine betriebliche Altersrente einschließlich einer Witwenversorgung. Letztere allerdings nur unter der Voraussetzung einer Eheschließung des versorgungsberechtigten Mitarbeiters vor Vollendung seines 60. Lebensjahres. Da der Mitarbeiter aber erst im Alter von 61 Jahren geheiratet hatte, berief sich der beklagte Arbeitgeber auf die Spätehenklausel und weigerte sich, an die Klägerin eine Witwenrente zu zahlen.

Die Entscheidung des BAG fiel zugunsten der Klägerin. Der Ausschluss der Witwe von der Witwenrente sei nicht gerechtfertigt. Die Spätehenklausel diskriminiere den verstorbenen Ehemann unmittelbar wegen des Alters und führe „zu einer übermäßigen Beeinträchtigung der legitimen Interessen der versorgungsberechtigten Arbeitnehmer“.

Gegen die Rechtmäßigkeit von Spätehenklauseln, die sich (ohne Verweis auf ein bestimmtes Alter) lediglich darauf beziehen, dass die Ehe vor Eintritt des Versorgungsfalls bzw. vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingegangen worden sein muss, um Hinterbliebenenansprüche zu begründen, hat das BAG in seiner bisherigen Rechtsprechung keine Bedenken geäußert (vgl. BAG vom 15.10.2013 – 3 AZR 294/11 bzw. BAG vom 20.04.2010 – 3 AZR 509/08). Nur die Bezugnahme auf ein bestimmtes Alter in der Spätehenklausel stößt neuerdings beim BAG auf Bedenken im Hinblick auf Altersdiskriminierung.

Bislang liegt nur eine Pressemitteilung zu dem o. g. BAG-Urteil vor; die Begründung des Urteils ist noch nicht veröffentlicht worden. Es ist jedoch bereits jetzt absehbar, dass infolge des Urteils der Kreis der versorgungsberechtigten Hinterbliebenen ausgeweitet werden könnte. Betriebliche Hinterbliebenenrenten müssten dann auch an die Witwen bzw. Witwer gezahlt werden, die nach dem Wortlaut der jeweiligen Spätehenklausel eigentlich keinen Anspruch gegen den Arbeitgeber hätten geltend machen können.

Siehe auch Pressemitteilung des BAG Nr. 40/15.