Update Anpassungsprüfung

Das Betriebsrentengesetz verpflichtet den Arbeitgeber, alle drei Jahre eine Anpassung der laufenden Leistungen der betrieblichen Altersversorgung zu prüfen. Wir haben hierzu die wichtigsten Entscheidungen der letzten Zeit für Sie zusammengefasst. (S. auch RZP-Artikel vom 06.01.2015 und 09.03.2015)

  • Urteil des BAG 3 AZR 739/13 vom 10.03.2015: Noch im Juni 2014 hatte das BAG ausdrücklich bestätigt, dass das Bestehen eines Beherrschungsvertrages ohne weitere Voraussetzungen einen Berechnungsdurchgriff rechtfertigt. Von einer nachteiligen Einflussnahme durch die herrschende Gesellschaft auf die beherrschte Gesellschaft ist unwiderleglich auszugehen. Hiernach muss sich die zur Anpassungsprüfung verpflichtete Gesellschaft, die wegen ihrer eigenen wirtschaftlichen Lage eine Anpassung ablehnen könnte, wegen des Beherrschungsvertrages ggf. eine gute wirtschaftliche Lage der Obergesellschaft zurechnen lassen.
    Von dieser Rechtsprechung hat das BAG jetzt wieder Abstand genommen: Das Bestehen eines Beherrschungsvertrags rechtfertigt für sich genommen noch keinen Berechnungsdurchgriff. Durch den Beherrschungsvertrag ergibt sich aber eine Gefahrenlage, da die Obergesellschaft u.a. die Möglichkeit hat, Weisungen auch zum Nachteil der beherrschten Gesellschaft zu erteilen.
    Für einen Berechnungsdurchgriff muss der Rentenbezieher daher künftig im Prozess darlegen und beweisen, dass ein Beherrschungsvertrag besteht, und sich darüber hinaus darauf berufen, dass sich die durch den Beherrschungsvertrag für die Versorgungsempfänger begründete Gefahrenlage verwirklicht hat. Der Arbeitgeber hat dann im Einzelnen substantiiert und unter Benennung der Beweismittel nachvollziehbar darzulegen, dass sich die im Beherrschungsvertrag angelegte Gefahrenlage nicht verwirklicht oder seine wirtschaftliche Lage nicht in einem für die Betriebsrentenanpassung maßgeblichen Umfang verschlechtert hat.
  • Urteil des BAG 3 AZR 734/13 vom 10.02.2015: In diesem Rechtsstreit konnte sich die verpflichtete Arbeitgeberin nicht mit Erfolg darauf berufen, ihre Ergebnisse seien nur „auf dem Papier“ positiv. Wegen ihrer nach den Jahresabschlüssen guten wirtschaftlichen Lage war sie zur Anpassung verpflichtet, obwohl die gute Lage nach eigener Darstellung nur aus einer Verrechnungspreisabrede im Konzern zu ihrem Vorteil resultierte und das Unternehmen in Wirklichkeit aufgrund der hohen Produktionskosten nicht mehr wettbewerbsfähig war.
    Das BAG sah für eine Korrektur der Ergebnisse nach den Jahresabschlüssen keinen Anlass. Für das BAG ist die tatsächliche wirtschaftliche Lage und nicht eine fiktive Lage entscheidend, die bestanden hätte, wenn unternehmerische Entscheidungen anders getroffen worden wären.
    Urteil des BAG 3 AZR 102/14 vom 21.04.2015: Spiegelbildlich zu dem eben angesprochenen Urteil vom 10.02.2015 konnten sich die Betriebsrentner in diesem Rechtsstreit nicht darauf berufen, dass die wirtschaftliche Lage nur deshalb der Anpassung entgegenstand, weil nach ihrer Ansicht eine für die Versorgungsschuldnerin nachteilige Verrechnungspreisklausel im Konzern bestand. Auch hier galt: Nur die tatsächliche wirtschaftliche Lage ist entscheidend, nicht aber eine fiktive.
    Die Besonderheit des Falles: Ohne die Berücksichtigung der Aufwendungen aus der Umstellung der Rechnungslegung auf BilMoG (außerordentliche Aufwendungen in der GuV gemäß Art. 67 Abs. 7 EGHGB i.d.F. bis 22.07.2015) hätte das Unternehmen – trotz der nachteiligen Verrechnungspreisabrede – „auf dem Papier“ eine angemessene Eigenkapitalverzinsung erzielt. In einem Urteil vom 02.09.2014 hatte das BAG außerordentliche Aufwendungen, wegen ihres Ausnahmecharakters bei der Beurteilung der künftigen Ertragsentwicklung, noch herausgerechnet (s. RZP-Artikel vom 06.01.15).
    Davon abweichend geht das BAG in seiner Entscheidung vom 21.04.2015 davon aus, dass die auf 15 Jahre verteilten außerordentlichen Aufwendungen, die auch in den Jahren bis zum nächsten Anpassungsstichtag zu erwarten sind, auch der Höhe nach eine ausreichende Kontinuität aufweisen und somit ausnahmsweise nicht herausgerechnet werden müssen.
    Zum gleichen Thema hat das LAG Düsseldorf entschieden, dass am Anpassungsstichtag zusätzlicher Rückstellungsbedarf, der sich aus der Neubewertung der Pensionsrückstellungen nach dem BilMoG ergibt, für die Prognose nicht ohne weiteres vollständig zu berücksichtigen ist. Für die Prognose am Prüfungsstichtag ist wegen Art. 67 Abs. 1 Satz 1 EGHBG dieser Bedarf ohne weiteres nur mit einem 1/15 pro Jahr in Ansatz zu bringen, es sei denn, der Arbeitgeber habe sich zum Anpassungsstichtag schon dafür entschieden, bis zum nächsten Prüfungsstichtag höhere Beträge zuzuführen (vgl. Urteil 12 Sa 361/15 vom 27.05.2015).
  • Urteil des BAG 3 AZR 839/13 vom 15.09.2015: Diese Entscheidung schließt an die Urteile des BAG an, die die Pflicht zur hinreichenden Ausstattung von Rentnergesellschaften betreffen. Nach dem BAG besteht keine solche Pflicht, wenn die Rentnergesellschaft dadurch entstanden ist, dass die Gesellschaft ihr gesamtes operatives Geschäft veräußert hat. In diesem Urteil geht es u.a. darum, wie daraus abgeleiteten missbräuchlichen Gestaltungen im Konzern ggf. rechtlich begegnet werden kann. Das BAG hält einen Schadenersatzanspruch nach § 826 BGB für denkbar, wenn der konzernangehörige Arbeitgeber sein operatives Geschäft innerhalb des Konzerns überträgt und dort die wirtschaftlichen Aktivitäten weitergeführt werden. Nach § 826 BGB ist derjenige, der in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem anderen vorsätzlich Schaden zufügt, dem anderen zum Ersatz des Schadens verpflichtet. Die bloße Stilllegung des Betriebs oder ein Betriebsübergang als solcher könne einen solchen Schadenersatzanspruch aber nicht auslösen.
  • Wie berichtet, ist am 31.12.2015 die geänderte Fassung von § 16 Abs. 3 Nr. 2 BetrAVG in Kraft getreten („Escape-Klausel“). Die Entscheidung des BAG vom 30.09.2014 ( 3 AZR 617/12) ist damit überholt.